Eine kleine Musikgeschichte
Menschen fanden also ursprünglich mal zum Musizieren, weil es ihnen Freude machte. Sie taten es aus reiner Freude an der Sache.
Dann geschah es wohl zufällig, dass andere ihnen dabei zuschauten. Den Zuschauern gefiel es und sie spendeten Beifall.
Das wiederum gefiel den Musikern. Nun machte nicht mehr nur das Musizieren Freude, sondern auch der Beifall noch dazu.
Fortan waren die Musiker nicht mehr nur auf das Musizieren aus reiner Freude an der Sache aus, sondern sie begannen zu überlegen, wie sie immer wieder und immer noch mehr Beifall bekommen könnten.
Also begannen sie zu üben und ihr Musizieren daraufhin auszurichten, noch mehr Beifall zu bekommen.
Darüber vergaßen sie die Freude am Musizieren. Es war wohl auch eigentlich nicht so wichtig, denn der Beifall war wichtiger.
Zudem begann es auch immer mehr ein Geschäft zu werden. Man konnte eine Menge Geld verdienen mit dem Musizieren.
Über all dem bemerkte niemand so richtig, dass das Musizieren an sich immer weniger Freude machte. Eigentlich machte es fast überhaupt keine Freude mehr. Aber wen interessiert das schon, wenn doch der Beifall und das Geld so viel Freude machen.
Viele von ihnen (den Musikern) wunderten sich, dass ihnen ihr Leben ziemlich sinnlos und immer sinnloser schien. Wie konnte das denn sein, bei alle dem Beifall und dem Geld? Auch Tabletten, Alkoholexzesse, Sex mit Groupies und Drogen schafften keine Abhilfe.
In dieser Situation traten die Produzenten auf den Plan:
Da das Musizieren an sich sowieso schon lange keine Freude mehr machte, konnte man es auch gleich ganz abschaffen.
Obwohl die Produzenten das eigentlich gar nicht so richtig wussten (dass es keinen Spaß mehr machte), denn sie kannten selber das Musizieren gar nicht.
Den Produzenten war es vielmehr ein Dorn im Auge, dass das große Geschäft und der viele Beifall den Musikern vorbehalten sein sollte.
"Das wollen wir auch, aber ohne jahrelanges Üben", sagten sie sich (die Produzenten) und begannen das Musizieren zu automatisieren. "Wofür ein Mensch jahrelang üben muss, das kann eine Maschine oder ein Computer viel besser." Und sie erfanden Sequenzer, DAWs und Software"instrumente".
Anstatt mit großer Fingerfertigkeit eine bestimmte Saite an einer bestimmten Stelle im genau richtigen Moment treffen zu müssen, reichte es nun, in egal wie langer Zeit eine Note mit der Maus an die richtige Stelle in einer Software zu befördern oder ein paar Schalter umzulegen. Ging es mal daneben konnte man es immer wieder löschen und neu versuchen. Selbst ausgesprochene Grobmotoriker können das bewerkstelligen.
Was für ein gigantischer Fortschritt!
Nun konnte also jeder "Musik machen", nicht mehr nur die arroganten Musiker, die sich jahrelang sinnlos zum Üben gezwungen hatten.
Was dabei anscheinend gar niemandem auffiel, war, dass das Musizieren inzwischen ganz weggefallen war.
Ein Fortschritt?